
„Wir sind ein Bindeglied zwischen den Menschen“, sagt Gesundheitslotsin Sabine Wilkens. In den Händen hält die Fintelerin die neuen Flyer zu den „Gesunden Dörfern“, die ab August in Umlauf
gebracht werden sollen.
Fintel – Welche Präventionsangebote gibt es bei mir um die Ecke? Wo finde ich schnelle Hilfe, wenn ich mich angeschlagen fühle oder Unterstützung anderer Art brauche? Hilfe zur Selbsthilfe
vermitteln im Kreis neuerdings ehrenamtliche Gesundheitslotsen – ein Projekt, das die Gesundregion Wümme-Wieste-Niederung angestoßen hat. Eine dieser Lotsinnen – und zwar für die Samtgemeinde
Fintel – ist Sabine Wilkens. Was hat die Finteler Tierärztin zum Mitmachen bewogen? Was will sie erreichen? Und warum braucht es Ansprechpartner wie sie überhaupt? Darüber haben wir uns mit ihr
unterhalten.
Frau Wilkens, Ihre Tätigkeit als Lotsin fällt in das Projekt „Gesunde Dörfer“. Was steckt dahinter?
Ziel ist es, dass man die bestehenden Möglichkeiten im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention noch besser an solche Menschen heranträgt, die man sonst vielleicht gar nicht erreichen würde –
entweder, weil sie nicht Internet-affin sind oder weil sie Berührungsängste haben. Da kommen wir Lotsinnen ins Spiel, indem wir Interessierte ein Stück weit zu den Angeboten hinführen und
Hinweise geben, wen man dafür ansprechen könnte.
Sie engagieren sich schon auf vielfältige Weise ehrenamtlich. In Ihrer Kirchengemeinde etwa oder für den Offenen Mittagstisch in Fintel. Warum jetzt noch Gesundheitslotsin?
Eigentlich war das eine Schnapsidee, auf die ich beim Zeitunglesen gekommen bin. In einem Artikel war die Rede davon, dass noch weitere Lotsen gesucht würden. Daraufhin habe ich gedacht, ich
könnte denen ja mal eine Mail schicken. Und zack, haben die mich zurückgerufen mit der Frage, ob ich wirklich Lust hätte. Natürlich hatte ich das – und so bin ich zu einem weiteren Ehrenamt
gekommen.
Was ist Ihre Aufgabe?
Eines vorweg: Wir dürfen nicht beraten, das müssen die Fachleute tun. Wir können die Leute, die sich an uns wenden, nur zu den für sie relevanten Stellen hinlotsen – zum Beispiel, wenn jemand
noch gar nicht weiß, was er oder sie für ein Problem hat. Wir – das sind ich und meine Kolleginnen aus Rotenburg, Sottrum, Scheeßel und Ottersberg, also aus jenen Kommunen, die zur Gesundregion
dazugehören. Dort sind wir auch jeweils angesiedelt und bringen eben unsere Kompetenzen mit. Aber: Wir wollen den Leuten nichts vorschnacken, da sind wir zur Neutralität verpflichtet. Ich
empfehle also jetzt nicht irgendeinen bestimmten Arzt oder sonst jemanden, sondern versuche, die Ratsuchenden zu begleiten, indem ich sie dort abhole, wo sie sind.
Es geht also ums Brückenbauen.
Richtig, aber rübergehen muss jeder selbst. Das sage ich auch in meinem Beruf als Tierärztin immer: Ich mache die Tiere nicht gesund, gesund werden müssen sie selber. Übrigens haben wir Lotsinnen
alle irgendetwas mit Gesundheit zu tun. Darüber hinaus haben wir auch Schulungswochenenden absolviert, um uns für die Aufgabe zu qualifizieren.
Tauschen Sie sich auch untereinander aus?
Aber ja! Wir sind wirklich gut miteinander verknüpft. Und wenn unsereins mal nicht weiter weiß, können wir in Rotenburg die Koordinierungsstelle „Gesunde Dörfer“ um Rat fragen. Das macht richtig
Spaß, mit den anderen zusammenzuarbeiten.
Niederschwelligkeit spielt bei der Anlaufstelle doch sicher eine große Rolle, oder?
Natürlich, so soll es auch ganz bewusst sein. Ich für meinen Teil habe da ein Handy, über das ich mich mit den Leuten verabreden kann. Vielleicht setze ich mich an festen Tagen aber auch ins
Rathaus in Lauenbrück oder in Fintel ins ehemalige Gasthaus Röhrs, um dort Sprechstunden abzuhalten. Oder ich stelle mich vor den Edeka hin. Die Samtgemeindeverwaltung hat mir jedenfalls schon
Räumlichkeiten zur Nutzung freundlicherweise angeboten. Und auch eine offizielle Mailadresse ist für mich bereits eingerichtet worden.
Man könnte meinen, dass sich vor allem ältere Menschen, die vielleicht keinen Zugang zum Internet haben, an Sie wenden werden.
Das ist anzunehmen. Aber ich glaube, dass viele andere auch keinen Internetzugang haben. Man denke aktuell auch an die zahlreichen Flüchtlinge aus der Ukraine, die unsere Sprache noch nicht
beherrschen.
Was ist Ihnen persönlich als Gesundheitslotsin wichtig?
Ich möchte mit den Menschen ins Gespräch kommen – und wer mich kennt, weiß, dass das gar nicht so schwer ist (lacht). Ich möchte Fragen verstehen und auch klären, möchte gemeinsam Probleme lösen.
Und ich will einen Beitrag dazu leisten, dass unsere Dörfer mehr sind als nur Schlafdörfer.
Glauben Sie, dass die „Gesunden Dörfer“ langfristig eine Zukunft haben werden?
Schwer zu sagen. Bei dem Ganzen handelt es sich ja um ein Pilotprojekt. Wir wissen also noch nicht, was dabei herauskommt. Es kann ja sein, dass die Leute sagen, man brauche das hier gar nicht,
man könne alles auch über das Internet in Erfahrung bringen. Aber wenn wir nicht anfangen, werden wir es nie e ahren. Oder formulieren wir es mal so: Man weiß nie, was daraus wird, wenn Dinge
verändert werden. Aber weiß man denn, was daraus wird, wenn sie nicht verändert werden?
von Lars Warnecke